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Garawan Wanambi: Marraŋu 2017


Details

  • Nr.:RKS1356
  • Medium:Natürliche Erdpigmente auf Larrakitj
  • Größe:232 × 17 cm
  • Jahr:2017
  • Region:Arnhem Land (East)
  • Kunstzentrum:Buku-Larrŋgay Mulka
  • Status:

Die Bemalung dieses Larrakitj stellt das Land in der Umgebung von Raymangirr dar, das an der Küste der Arnhem Bay liegt. Dies ist ein heiliges und geschützes Gebiet, das dafür bekannt ist, dass in der Niedrigwasserzone Süßwasser an der Oberfläche des Strandes austritt.


Der Clan der Großmutter des Künstlers väterlicherseits sind die Marraŋu. Die Marrakulu und die Marraŋu sind eng durch das Madayin (heilige Clan-Mythologie und -Gesetz) verbundene Clans. Beide erzählen vom Fällen gigantischer Bäume durch den Honig-Ahnen Wuyal, die Auskolkung eines Flusslaufes durch einen gefällten Stamm auf seinem Weg zum Meer, eine Flut von Honig, Überschwemmungen und andere apokalyptische Begebenheiten. Für die Marraŋu gibt es an dieser Flussmündung nahe Raymangirr gefährliche Orte profaner Natur, wo Süßwasserquellen in der Niedrigwasserzone emporquellen. Es heißt, dass man Mapan (Geschwüre) bekommt, wenn man zu nah an diese Quellen herankommt. Das ist die bösartige Kraft dieses Ortes. Es ist eine Stätte der Moskito-Ahnen, die mit Speeren gegen das Geschwür ankämpfen und dadurch den blutigen Dreck auslösen .
Dann folgt die Ruhe nach dem Sturm, und Sonnenstrahlen spielen auf der Wasseroberfläche. Dies ist eine weitere Erscheinung, die auf diesem Werk dargestellt wird. Die Mücke ist ein Symbol für Aggression, und die Moskito-Ahnen kämpfen mit Speeren wie auf einem Rachfeldzug. Die Moskito-Ahnen werden mit Orten spiritueller Gefahr in Zusammenhang gebracht, die Geschwüre verursachen. Kämpfen bewirkt das Lösen von Spannung, so wie das Aufplatzen eines Geschwürs. Die Muster repräsentieren diesen Ort in der Flussmündung nahe Raymangirr, wo Süßwasserquellen neben dem Salzwasser emporquellen. Sie stehen für die verschiedenen Eigenschaften des Wassers, die von Ärger und Aufgewühltheit bis zur Ruhe nach einem Entschluss reichen, wenn sie in der Wärme der Sonnenstrahlen badet.


Larrakitj wurden bei den Yolŋu in North-East Arnhem Land traditionell als Beinhaus oder Knochenbehälter verwendet, die als Erinnerung an einen toten Angehörigen bis zu zehn Jahre nach dessen Tod aufgestellt wurden. Nach dem Tod wurde der Körper des Verstorbenen oftmals im Rahmen einer Zeremonie auf eine erhöhte Plattform gelegt und für eine angemessene Zeit den Elementen überlassen. Der Ort wurde dann bis zur nächsten Phase des Rituals verlassen. Diese nächste Phase fand statt, wenn entschieden war, dass die reale Seele des Verstorbenen ihre zyklische Reise zu der Quelle, aus der sie gekommen war, vollendet hatte, von der sie zu gegebener Zeit wiedergeboren würde. Dies konnte einige Jahre dauern.
Während der Körper “aufgebahrt” war, bekamen andere Wind von dem Tod, vielleicht durch unterschwellige Botschaften, und bereiteten sich vor, zu der Totenstätte zu reisen. Üblicherweise war dann genug Zeit verstrichen, so dass die Knochen des Verstorbenen auf der Plattform auf natürliche Weise gereinigt worden waren. Das Wesen der Seele in den Knochen wurde für die letzten Zeremonien vorbereitet, während andere entferntere Teilnehmer ankamen, die für die sichere Reise gebraucht wurden. Das Ritual sah vor, dass die Knochen des Verstorbenen in dem von Termiten ausgehöhlten Erinnerungspfahl zur letzten Ruhe gelegt wurden. Das Bestattungsritual endete damit, dass der Larraktij, der die Knochen enthielt, im Busch aufgestellt wurde. Im Lauf der Zeit wurden der Larrakitj und sein Inhalt wieder zu Mutter Erde zurückkehren. Der Larrakitj wird häufig als Mutterleib bezeichnet.
Sobald sesshafte Missionsgemeinden in Arnhem Land errichtet wurden, war es nicht mehr durchführbar, eine dauerhafte Gemeinde zu verlassen, und es wurde verboten, die Körper auf eine Plattform zu legen. Dennoch bleiben die Kosmologie der Yolngu und das Wesen der Bestattungszeremonie ebenso wichtig. Larrakitj werden weiterhin hergestellt und analog zu einem Grabstein verwendet oder auch um die persönlichen Gegenstände des Verstorbenen aufzubewahren (die aufgrund der Emanation durch Kontakt mit dem Toten gefährlich sein können, wenn sie von den Lebenden nicht beseitigt werden).


Eine weitere Rolle dieses kulturellen Gegenstandes ist die eines Kunst- und Lehrobjektes für jüngere Generationen. Kunstwerke dieser Art beinhalten viele Schichten von Metaphern und Bedeutungen, die von den Beziehungen zwischen einem Menschen und bestimmten Teilen des Landes (sowohl Land als auch Meer) und den Verbindungen zwischen verschiedenen Clans erzählen, aber auch die Mächte erklären, die über und in der Umwelt herrschen, sowie die Mechanismen, wie ein Geist seinen Weg durch das Sein zurücklegt. Das Wissen, auf das sich diese Bildsprache bezieht, vertieft sich in Komplexität und Geheimhaltung, je mehr eine Person in dem lebenslangen Lernprozess fortschreitet.

Larrakitj | Lorrkon | Tutini sind Skulpturen aus Holz, die sich unterschiedlichen Raumtemperaturen anpassen. Kleine Haarrisse sind bei diesen Arbeiten daher nichts Ungewöhnliches.
Das Kunstwerk steht unter besonderem Schutz. Jegliche Form der Abbildung, auch von Teilen, erfordert die Genehmigung des Künstlers, bei deren Beschaffung wir gerne behilflich sind.